Fasten – auch das noch?

Karneval fiel dieses Jahr aus. Nur einige Närrinnen und Narren feierten per Videoschalte miteinander. Hoffentlich hatten sie wenigstens dabei ihren Spaß. Trotzdem war es sicherlich etwas ganz anderes, als miteinander den Straßenkarneval zu genießen. Ich habe letztens auf mein Handy ein Video von einem Karnevalszug geschickt bekommen, der aus Lego gebaut von einer Küche ins Wohnzimmer rollte. Das war lustig und kreativ aber auch traurig. Das Feiern und Über-die-Strenge-schlagen geschah dieses Mal mit angezogener Handbremse. Schade, denn einige von Ihnen haben erzählt, dass die polizeilichen Einsätze während der Karnevalszüge jenseits von Terrorwarnungen eigentlich immer ganz nett waren.

Der Aschermittwoch kam auch in diesem Jahr trotzdem und mit ihm die Ernüchterung, dass im Blick auf Corona leider noch lange nicht alles vorbei ist. Die Beschränkungen gehen bis mindestens Anfang März weiter und die Gefahr des Virus bleibt. Es sind sogar noch Mutationen hinzugekommen, die Teile der Bevölkerung und Politik gleichermaßen verunsichern.

Traditionell beginnt mit dem Aschermittwoch die Fastenzeit. Religiös motiviertes Fasten ist meiner Beobachtung nach seit Längerem ziemlich out. Ich kenne nur wenige, die sich durch Fasten auf das Osterereignis vorbereiten. Eher erlebe ich, dass einige Menschen die Fastenzeit nutzen, um abzunehmen, sich wohler zu fühlen oder weil sie den Kampf gegen schlechte Gewohnheiten aufnehmen wollen. Manche üben sich im Handyfasten oder sie verzichten auf das Fernsehen oder die Spiele auf dem Computer.

Fasten? Jetzt? Wir müssen doch seit einem Jahr ohnehin schon auf so vieles verzichten. Während dieser Corona-Krise sind Rechner, Handy und Fernsehen doch unsere Verbindung zur Welt! Und dann auch noch fasten?

Noch einmal zurück zur Religion: Die ursprüngliche Bedeutung des Fastens ist die Vorbereitung auf die höchsten christlichen Feiertage, nämlich Karfreitag und Ostersonntag. Es gibt noch andere Möglichkeiten sich darauf vorzubereiten, als den Verzicht.

Ich möchte mein besonderes Augenmerk in den 7 Wochen des traditionellen Fastens in diesem Jahr auf zwei innere Haltungen richten: Verantwortung und Vertrauen.

Der Karfreitag steht für mich für das Thema Verantwortung, weil er mich an das Leid erinnert. Das Kreuz dient dabei als Mahnmal und Symbol für alles, was in unserer Welt schiefläuft. Die Frage, wo und wie ich in meinem Alltag etwas geradebiegen oder etwas Anderes verhindern kann, wird mich in den kommenden 7 Wochen besonders begleiten.

Dabei hilft mir die Erinnerung an den Ostersonntag. Er steht für mich für eine neue Qualität des Lebens, weil er davon erzählt, dass der Tod nur ein Übergang vom Leben ins Leben ist. Wenn es mir gelingt, darauf zu vertrauen, macht mich das sensibler und gelassener. Und es befähigt mich, meine Verantwortung in der Welt mit einer neuen Haltung wahrzunehmen.

In dieser von Corona geprägten Zeit ist das Paar aus Verantwortung und Vertrauen vielleicht gerade das, was für uns allen beim Durchhalten helfen kann. Denn wer verantwortlich handelt und gleichzeitig im Vertrauen bleibt, wird in dieser Krise mit sich selbst und mit anderen Menschen gut und angemessen umgehen.

Herzlichst Ihre Polizeiseelsorge,
Anne Henning und Matthias Orth

Foto: Free-Photos (Pixabay)